Wie macht man Urlaub, wenn man leidenschaftlich arbeitet? Nimmt man sich mit so einer Einstellung eine Auszeit? JA! Spätestens wenn man kurz vor einem Burnout steht! Wie ich die Notbremse gezogen habe und welche Tipps ich für Workaholics habe, erfahrt ihr in meinem etwas anderem Reisetagebuch:
Ich schaffe es nicht meine Zwänge und meine Zukunftsängste abzuschütteln. Sie werden immer schwerer und drosseln mein Tempo.
Die hart erarbeitete Work-Life-Balance entgleitet mir irgendwie durch äußere Einflüsse. Je präsenter man im Internet ist, desto mehr provoziert man Menschen damit. Ich werde für Meinungen kritisiert, für meinen Lebensstil, für die Erziehung meiner Kinder und für meine Passion fürs Arbeiten.
Da ich mich nur von meinen Mentoren kritisieren lasse, ist das eigentlich gar kein Problem. EIGENTLICH!
„Ihr lauft nicht in meinen Schuhen!“ Diesen Satz habe ich schon unzählige Male ausgesprochen und dann den Kontakt abgebrochen. Kontakt zu Verwandten, zu „Freunden“, zu Bekannten, zu Nachbarn, Geschäftspartnern… und und und
Ich kenne MICH! Ich weiß was ich kann und was ich nicht kann. Ich meistere mein Leben richtig gut und schaffe jede Hürde.
Ich möchte kein einfaches Leben haben. Mich inspiriert jedes Problem. Aber was ist, wenn dir Menschen so viele Steine auf den Weg werfen (sie legen nicht, sie werfen) und du dadurch das Gefühl hast auf der Stelle zu stehen? Was ist, wenn es Menschen sind, die du unbedingt in deinem Leben haben wolltest und du dadurch die Dinge anders betrachtest? Wenn du deshalb wirklich Selbstzweifel bekommst, weil du so viel Einfluss gestattet hast?
Ich liebe Suppen! Spätestens jetzt springen wohl die meisten Leser ab.
Meine Eltern haben immer viel gearbeitet. Vor allem vor unserer Ausreise von Oberschlesien nach Deutschland. In der Zeit hat meine Großtante Gerda auf mich und meinen Bruder aufgepasst. Sie konnte zwar keine Karten mischen, aber sie war eine großartige Köchin. Ihre Gemüsesuppen waren ein Traum. Wahrscheinlich waren sie aus den einfachsten Zutaten zubereitet, die man während des kalten Krieges ergattern konnte. Aber sie hat so unglaublich leidenschaftlich gekocht, dass ihre Gerichte absolut jedes Problem gelöst haben.
Das Familienrezept habe ich leider nie bekommen und jeder Selbstversuch scheiterte bislang. Das Einzige was ich kann, ist jede Hürde, jeden Stein auf meinem Weg hochkochen zu lassen wie eine richtig heiße Suppe. Du träumst von etwas richtig Gutem und bekommst immer mehr Negativität.
Social Media kocht auch immer mehr hoch. Irgendwann veröffentliche ich mal die Nachrichten in meinem Facebook-Postfach. Nein ich bekomme keine Datinganfragen! Es sind „Unternehmer“, die mir ihre Onlinekurse, E-Books, Webinare oder Networkmarketingprodukte andrehen wollen. Alle haben Millionen verdient und möchten aus purer Nächstenliebe eine weitere Millionärin aus mir machen. Dafür müsste ich nur einen kleinen 3 stelligen Betrag zahlen. In Wirklichkeit sind es zu 90% Harz4 Empfänger, die nie daheim ausgezogen sind. Sie schicken mir nicht nur Nachrichten, nein ich bekomme auch Sprachnotizen, Videos und gelegentlich Anrufe. Jeder möchte mit mir befreundet sein und meint es ja nur gut und meldet sich ganz uneigennützig. Wir sind doch alle Unternehmer und sollten uns alle unterstützen. Für meine Dienstleistung haben sie natürlich gerade kein Budget, aber sie würden auf jeden Fall für mich Werbung machen, wenn ich ihnen kostenlos einen Social Media Auftritt oder eine Webseite gestalte. Leute! Das Einzige was wir vielleicht gemeinsam haben ist die Passion für Suppen. Ich würde niemals anderen Menschen meine Dienstleistung andrehen! Meine Kunden kommen, weil ich meine Arbeit im Internet präsentiere. Und ihr quatscht alle nur, ohne was zu sagen!
Das alles hat mir in den letzten Monaten so viel Energie genommen, dass ich eine Auszeit brauchte.
Eine Auszeit, etwas Wunderbares. Doch wie machen Workaholics Urlaub? Wie fahre ich alle Systeme runter?
Die Lösung: DOLCE FAR NIENTE!
Es gibt für mich keinen magischeren Ort als den Gardasee. Nach einer 12 stündigen Autofahrt war ich am Ziel meiner Träume. Ja jetzt wird es so richtig kitschig. Ich habe genau 2 Ansprüche an ein Hotel: Sauberkeit und einen bomben Frühstück. Das Hotel Garni Beniamino in Riva buche ich jetzt seit unglaublichen 17 Jahren. Ich musste wirklich nochmal nachrechnen. Familie Rigatti denkt sich vermutlich jedes Jahr: „Okay da ist sie wieder und muss mit der Welt klar kommen!“
Das Faszinierende daran ist, dass sich der Gardasee jedes Jahr anders anfühlt. Dieses Jahr war es unglaublich heiß mit abendlichen Gewittern.
Nach meiner sehr anstrengenden Anfahrt brauchte ich etwas Balsam für die Seele. Pasta! In Riva gibt es an der Hauptstraße alles was das Herz begehrt. Ich glaube es waren die besten Spaghetti alla Bolognese meines Lebens. Wahrscheinlich sag ich das aber jedes Jahr.
Vor meiner Abreise habe ich meiner Freundin Jenny erzählt, dass ich nicht im Urlaub arbeiten werde. Ich möchte nur lesen. Sie fing an zu lachen und behauptete, dass ich bestimmt nur Businessbücher eingepackt habe. Ich verneinte das empört und gab es natürlich nicht zu, dass ich das Marketingbuch von Thomas Klußmann und meinen Businessplaner im Gepäck hatte. Auf meiner Audibleliste gab es nur noch Bücher zum Minimalismus und zur Persönlichkeitsentwicklung. Ich habe mir einen Podcast zur Meditation heruntergeladen. Er hat mir leider nur beim Einschlafen geholfen.
Okay Romane, das krieg ich hin, dachte ich mir und durchkämmte alle aktuellen Bestsellerlisten. Die Bücherdiebin hatte ich schon fast durch. Der letzte Roman, den ich mir beim Putzen angehört habe, weil ich mir dabei eh keine Businessnotizen machen kann. Eine ganz gute Geschichte, die im zweiten Weltkrieg spielt und aus der Sicht des Todes erzählt wird. Noch 30 verbleibende Minuten. Okay, dass reicht niemals für einen ganzen Urlaub, dachte ich mir. Also habe ich mir das Hörbuch „Wie man die Zeit anhält“ heruntergeladen und bin mega begeistert. Man sucht doch immer vergeblich nach Büchern, die einen so richtig packen. Das ist definitiv eins!
Am nächsten Morgen habe ich mir von Frau Rigatti alle Termine für die kommenden Wochenmärkte geben lassen. Der erste Markt auf der Liste war in Limone. Der absolut schönste Ort der Welt. Jeder Mensch sollte einmal in Limone gewesen sein. Ich sage nur rosa-blühende Oleanderbäume rund um den romantischsten Hafen am Gardasee. Mein unvergesslichstes Erlebnis in Limone war, als ich Christine Kaufmann dort getroffen habe. Ich war schon immer ein riesen Fan von ihr und mir rutschte wirklich das Herz in die Hose, als sie mich auch noch grüßte, weil ich sie vermutlich viel zu lange anstarrte.
Ich habe am Markt nichts gefunden, was natürlich auch an meinem Minimalismuswahn liegt. Bei einem Bud Spencer Shirt wär ich aber fast schwach geworden.
Stattdessen tröstete ich mich mit einem echten italienischen Cappuccino an der Strandpromenade und hausgemachtem italienischen Gebäck. OMG!! Italienischer Cappuccino zieht dir echt die Schuhe aus!! Ich konnte nur zweimal dran nippen und hatte Angst um meine 33 Jahre alte Pumpe. Und italienisches Gebäck ist so süß, dass du den Zucker beim kauen knistern hörst. Okay, dass hatte ich irgendwie anders in Erinnerung.
Keine Sorge, ich habe tatsächlich noch eine Lösung für die perfekte Auszeit gefunden:
Ich kann nur entspannen, wenn ich nichts höre. Absolut gar nichts. Das funktioniert für mich am besten Unterwasser. Beim schnorcheln oder tauchen fühle ich mich unglaublich frei. Ein großartiges Gefühl.
Ich habe natürlich auch oft ans Business gedacht, aber ohne mich damit zu belasten. Ich habe mich dafür interessiert, wie italienische Geschäftsleute arbeiten und habe sie bei jeder Gelegenheit beobachtet. In meinem nächsten Leben wär ich gerne eine Italienerin. Für mich sind sie die schönsten Frauen der Welt. Sie sehen immer wie Göttinnen aus und legen sehr viel Wert auf Details. Bei den Männern konnte ich auch tolle Sachen entdecken. Sie sind unglaublich kinderfreundlich. Auch wenn es nicht ihre eigenen Kinder sind, behandeln sie Kinder sehr nett und respektvoll. Die Italiener arbeiten sehr leidenschaftlich und behalten diese Passion bei.
Ich hatte viele Gelegenheiten mein Leben mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Man muss auch mal das Leben leben, ohne ständig Bilanzen zu ziehen.
Ob ich mein Leben neu justiere? Definitiv! Ich beantworte keine nervigen Nachrichten mehr. Wahrscheinlich stelle ich die Funktion ganz aus. Die wichtigen Menschen, wissen wie sie mich erreichen können und Kunden können uns Anfragen über unsere Webseite stellen.
In meinem Urlaub habe ich das zweite Buch von Marie Kondo gelesen. Der erste Band war ja für mich der absolute Gamechanger, aber das zweite hat die Idee mein Leben und meine Seele aufzuräumen noch mehr aufleben lassen.
Was die Menschen angeht, die sogar meine Freunde online beschatten, um zu erfahren, welche furchtbaren Fehler ich mache: Die müssen für immer gehen! Da muss ich konsequent sein.
Ich gehöre nur Mir! Es gibt kein „ich muss“, sondern nur „ich möchte“.
Am letzten Tag vor meiner Abreise, war ich übrigens in einem ganz tollen Restaurant in der Oberstadt von Riva. Das Riva Mia ist für mich absolut perfekt. Das Personal ist so unfassbar freundlich und die Speisen sind ein Traum. Was es gab? Natürlich Gemüsesuppe. 🙂
Fast so gut, wie bei Tante Gerda.